Rede zum Haushalt 2022 – Fraktion Die Grünen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Nachhaltigkeit und Sicherheit sind die Themen unserer Zeit – endlich scheint immer mehr Menschen klar zu werden, dass es so nicht weitergehen kann. Doch es ist noch sehr viel Umdenken erforderlich.

Die Krisen in unserer Welt eskalieren: Klimakrise, Umweltkrise, Bevölkerungswachstum, politische und gesellschaftliche Krisen. Dort, wo nicht im Sinne von Nachhaltigkeit und Sicherheit aller gedacht und gehandelt wird, dort wird die Zukunft aufs Spiel gesetzt.

Die Verursachung und Verschärfung der Bedrohungen durch gedankenloses, fatalistisches und asoziales Handeln erleben wir Tag für Tag: In der Corona-Pandemie, bei der Umweltzerstörung, durch die Despoten und ihre Kriege gegen die Menschheit.

Was hat das mit Ehningen und mit dem Haushaltsplan zu tun? Bei den kommunalen Aktivitäten muss es stets um Nachhaltigkeit und Sicherheit gehen, um die Menschen und ihren Lebensraum – so will es unsere Verfassung und die ist die berechtigte Erwartung der Menschen.

Der Ehninger Kommunalhaushalt als Abbild der Aktivitäten der Gemeinde repräsentiert für 2022 ein Volumen von 33 Mio. EUR aus laufender Verwaltungstätigkeit und 4,5 Mio. EUR an Investitionen. Dies zeigt die Größenordnung, mit der die Gemeinde als gesellschaftlicher und ökonomischer Akteur in Erscheinung tritt: durch Bildungs-, Betreuungs-, Erziehungsleistungen, durch Verkehrs-, Aufenthalts-, Freizeitinfrastruktur, durch die Verwaltungsdienstleistungen, die Feuerwehr, den Bauhof, durch Waldbewirtschaftung und Naturschutz und vieles mehr.

Den Investitionen von 4,5 Mio. EUR stehen Abschreibungen in Höhe von 2,7 Mio. EUR gegenüber. In einer vereinfachten Betrachtung bedeutet dies, dass mehr materielle Werte in der Gemeindebilanz geschaffen werden, als durch Wertminderung verloren gehen. Im Ergebnishaushalt steht nach einem deutlichen Überschuss in 2020 ein ausgeglichenes Ergebnis in 2021. Die pro Kopf-Verschuldung ist mit 367 EUR/ Einwohner inzwischen deutlich abgesenkt und fast auf Landesdurchschnitt.

Dies zeugt davon, dass Ehningen „nicht vom Vermögen runterlebt“, nicht das Vorhandene abwirtschaftet, sondern es erhält und versucht, neue Werte zu schaffen. Unser Haushalt ist solide und kann sich sehen lassen – deshalb bitten wir die Verwaltung, den Haushaltsplan für die Öffentlichkeit auf der Homepage zu veröffentlichen.

Ehningen als Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum, die Kommune als Gebietskörperschaft, die Verwaltung, die Bürger und Bürgerinnen und deren politischen Vertreter und Vertreterinnen, deren Vereine und Organisationen – wir alle sind gemeinsam in einer privilegierten Situation: es gibt Gestaltungsspielraum, es gibt Chancen, es gibt großes Potential. Der Ehninger Gemeinderat spielt gemeinsam mit der Verwaltung eine wesentliche Rolle bei der Nutzung dieser Potentiale.

Wir haben einen Bürgermeister mit großer Erfahrung im Bereich öffentlicher Infrastruktur- und Energieprojekte und mit dem Background einer modernen Unternehmensorganisation.
Wir haben kompetente, motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung.
Wir haben außergewöhnlich engagierte Menschen in verschiedensten bürgerschaftlichen Bereichen.

Wir Gemeinderätinnen und Gemeinderäte müssen die Weichen für eine nachhaltige, sichere, lebenswerte Zukunft stellen. Dazu braucht es Kompromisse, müssen alte Denkmuster überwunden werden. Wir sind bereit dazu.

Lassen Sie uns gemeinsam mit Kreativität, Mut und Verantwortung für kommende Generationen die großen Aufgaben angehen:

Ein Feuerwehrhaus, das nach modernsten energetischen und ökologischen Standards gebaut wird. An einem Standort, an dem nicht wertvollste Natur geopfert werden muss. Wir sind überzeugt, dass hierfür ein guter Standort gefunden wird.

Für die bei der Feuerwehr erforderlichen Interimsmaßnahmen muss das Rote Kreuz an neuer Stelle untergebracht werden. Hier sehen wir die gemeindeeigene Liegenschaft in der Mercedesstraße als kostengünstige und gute Lösung an.

Das Eingemachte Wäldle im Osten von Ehningen ist ein äußerst wertvolles Naturrefugium, das Naturschutzgutachten bestätigt dies deutlich. Wir fordern die Verwaltung auf, dieses Gutachten auf der Homepage der Gemeinde allgemein zugänglich zu machen, damit interessierte Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, welche ökologischen Werte dort existieren. Der alte Häckselplatz im Wäldle muss renaturiert werden – so wie es von Seiten der Forstwirtschaft empfohlen wird.
Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren dort soll durch Informationsangebote sowie durch Aktivitäten mit Schule und Kindergärten erlebbar gemacht werden.

Auf der gesamten Gemarkung soll nach Flächen zur ökologischen Aufwertung gesucht werden, Biotope und Habitate sollen eingerichtet werden, z.B. ist die weitere Aufwertung und Ausweitung des Naturschutzgebietes Krebsbachaue zu prüfen.

Der Altbau der Friedrich-Kammerer-Schule ist neben dem Feuerwehrhaus das zweite sehr wichtige Großprojekt. Eine Sanierung nach modernsten Standards ist im Sinne des Klimaschutzes zu prüfen, Abriss und Neubau wären klimatisch und nach Kriterien der Nachhaltigkeit nur Plan-B.

Das Gewerbegebiet im Leimental wird wohl im Rahmen eines kommunalpolitischen Kompromisses kommen. Hier fordern wir, dass der ökologische Wert der Flächen durch Schaffung von Räumen für Pflanzen und Tiere, durch Dachbegrünung und Fotovoltaik gegenüber der heutigen agrarischen Nutzung nicht geringer wird. Das ist heutzutage möglich.

Die Johanniter würden im Leimental ihre neue Rettungsstation bauen. Auch für das Feuerwehrhaus könnte das Leimental der neue Standort sein. Die verbleibenden Flächen bieten den Ehninger Betrieben mit Platzbedarf die Chance, sich am Ort weiterzuentwickeln. Wir möchten die Diskussion zur Bereitstellung von Flächen im Rahmen der Erbpacht führen – damit wird das Brachliegen und die Spekulation effektiv verhindert.

Kommunale Liegenschaften sollten hinsichtlich energetischen und klimatischen Standards vorbildlich sein. Dazu gehört die systematische Nutzung von Photovoltaik und Photothermie. Dies betrifft auch das Hallenbad, wo eine energetische Sanierung zu planen ist – neben attraktiven, erweiterten Nutzungszeiten.

Wir fordern die Verabschiedung einer Planung hin zur klimaneutralen Gemeinde.

Einen Beitrag dazu muss die KWE leisten, die Satzung muss überarbeitet werden. Die KWE soll Vorreiter für ökologisches, soziales, nachhaltiges Bauen werden. Dazu gehört zum Beispiel der öffentliche geförderte Wohnraum zur Unterstützung von durch die heutigen Mietpreise überforderte Menschen.

Die Digitalisierung der Verwaltung ist im Interesse der Mitarbeitenden sowie der Bürgerinnen und Bürger voranzutreiben. In den letzten beiden Jahren wurden wichtige Fortschritte in der EDV-Administration und -Ausstattung gemacht. Ein detaillierter Digitalisierungsbericht soll öffentlich nachvollziehbar machen, was erreicht wurde und welche weiteren Schritte hin zu digitalen Serviceprozessen geplant sind.

Vom Gebäudemanager der Verwaltung wünschen wir uns einen Energiebericht, der zeigt, welche Fortschritte bei der energetischen und klimatischen Optimierung gemacht werden.

Die Menschen sollen sich gerne in Ehningen aufhalten, sollen vor Ort möglichst vielfältige Versorgung finden – am besten zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Damit sind wir bei der Ortsentwicklung, bei Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie und Verkehr.
Mithilfe externer Beratung arbeiten wir derzeit an einem Ortsentwicklungskonzept.
Aus der Bürgerbeteiligung gibt es hervorragende Ansätze und Vorschläge zur Verkehrswegeführung und -gestaltung.
Im Kontext der Weiterentwicklung des Areals rund um die IBM kommt weitere Dynamik in den Prozess. Die Zahl der in Ehningen lebenden und arbeitenden Menschen wird weiter steigen, damit kommen neue Bedarfe, Nachfrage und Kaufkraft in den Ort.

Wir freuen uns deshalb auf die Prüfung und Planung spannender Themen, von denen einige genannt werden sollen:

  • Neuansiedlung innovativer Betriebe und komplementärer Angebote auf dem IBM-Areal
  • Durchgang unter der Kreuzung K1077/ Hildrizhauser Straße zur Anbindung für Fahrradfahrer und Fußgänger, die vom IBM-Areal, vom Sportgelände, vom Fahrradfahren oder Wandern aus südlicher Richtung nach Ehningen kommen bzw. dorthin wollen
  • Gastronomie, Biergarten, Kultur zum Beispiel in der Schloßstube und in der Königstraße 27
  • Wegekonzept zwischen Bahnhofsareal und IBM-Areal, z.B. das Kleeblattkonzept der Bürgerbeteiligung mit diversen Einbahnstraßen, verbessertem Nebeneinander der Verkehrsteilnehmer und mehr Aufenthaltsqualität
  • Übernahme der Kreisstraßen, damit Planungshoheit für das Ehninger Verkehrswegekonzept
  • Tempo 30 im gesamten Ortsgebiet
  • Ausweitung des Bürgerbusangebotes
  • Erhaltung des besonderen Charakters rund ums Gängle
  • Neugestaltung und Überplanung des Bahnhofsareals, vom Edeka bis zur Flüchtlingsunterkunft, mit einem weiteren Durchgang ins Bühl im Osten, mit Wohnungen und Einzelhandelsflächen
  • Einrichtung einer Trendsportanlage

Von einer finanziell soliden Basis aus gilt es, Ehningen zu einer Gemeinde zu machen, die im Sinne einer lebenswerten und nachhaltigen Politik vorangeht und Vorbild ist.

Wir haben die Chance dazu.

Harald Bürkle
Fraktionsvorsitzender
Bündnis 90/ Die Grünen